Kur- und Bäderwesen
Im Renaissanceflügel des Schlosses Teplice, in den Räumen, die ursprünglich zur Beherbergung der sächsischen Kurfürsten bestimmt waren, und in einem Saal mit einer bemalten Kassettendecke, ist die Exposition Kur- und Bäderwesen untergebracht.
Sie ist nicht nur auf Teplice mit seiner alten Bädertradition beschränkt, sondern ihr territorialer Horizont reicht weiter. Im ersten Teil erfährt der Besucher etwas über die kultische Verehrung des Wassers und über die Anwendung verschiedener Arten von natürlichen Heilquellen bei Badekuren von der Antike bis zur Neuzeit, und er wird hier ebenfalls mit den grundsätzlichen Wandlungen des Bäderwesens auf dem Gebiet Böhmens bekannt gemacht. Der nachfolgende Abschnitt ist Nord- und Nordwestböhmen gewidmet, wo es fast alle Arten von Mineralwasser gibt. Der Besucher erfährt etwas über ihre Verwendung in Vergangenheit und Gegenwart und erhält einen Überblick über die Entwicklung der Bäder in Libverda, Kundratice und Mšeno. Besondere Aufmerksamkeit ist den Bädern Bílina-Kyselka und Dubí im Kreis Teplice gewidmet. Alten Veduten und Fotografien gelingt es, das sich verändernde Aussehen der Kurbäder einzufangen und ihr Kolorit nahezubringen. Eine große Sammlung von Steingutkannen für den Versand von Mineralwasser und einfallsreiche Reklameetiketten belegen den umfangreichen Absatz des Biliner Sauerbrunns und des Bitterwassers aus der Umgebung von Zaječice im 19. Jh. und 1. Drittel des 20. Jh. An einer alten Maschine zum Pressen von Torfballen aus Bad Mšeno und einer Sitzwaage aus Bílina können wir die praktische Konstruktion und das zeitnahe Design bewundern.
Der größte Raum der Exposition ist den Bädern in Teplice gewidmet. Archäologische Funde in der Nähe der Quellen beweisen, dass die Menschen diese bereits in Urzeiten kannten. Besonders aber Dank der in die Quelle geworfenen keltischen und römischen Münzen aus der Zeit der Wende vom 2. zum 1. Jh. v.Chr. bis zum 4. Jh. n.Chr., kann Teplice den ältesten böhmischen und mitteleuropäischen Bädern zugeordnet werden. Die erste schriftliche Erwähnung darüber ist in der Vincentius-Chronik aus dem 12. Jh. enthalten und belegt die Gründung eines Benediktiner Frauenklosters „an den warmen Wassern zu Ehren des Hl. Johannes des Täufers“ durch Königin Judita, die Gemahlin Vladislavs II. Nahe dem Kloster entstand Ende des 13. Jh. die Stadt Teplice. Bereits im 14. Jh. gehörten „die St. Johannesbäder“ zu den bekannten Bädern in Böhmen und den anliegenden Ländern. In der Zeit der Hussitischen Kriege wurden die Nonnen aus Teplice vertrieben und ihr Eigentum ging in die Hände des Adels über. Das Niveau der Bäder wurde durch die Verdienste Volfs von Vřešovice angehoben, der Teplice 1543 bis 1569 in Besitz hatte. Volfs Familie hatte ihre eigenen Bäder, welche auch die sächsischen Kurfürsten benutzten, die seit dem Jahre 1550 mit dem ganzen Hofstaat hierher fuhren. Von 1585 bis 1634 gehörte Teplice dem Geschlecht der Vchynský. Die Errichtung der Steingebäude des Stadt- und Herrnbades in dieser Zeit, eine bessere Erfassung der Quellausflüsse und die Heilerfolge reihten Teplice in die vorderen Plätze der Heilbäder in Europa ein. Im Verlaufe des Dreißigjährigen Krieges wurden die Aldringen Besitzer der Herrschaft und Stadt. Deren Nachfolger, die Clary-Aldringen hatten das Schloss Teplice und den Grundbesitz bis zum Jahre 1945 in ihrem Besitz. Nach dem Dreißigjährigen Krieg (1618-1648) erlangte in der bisher tschechisch sprachigen Stadt die deutsch sprechende Bevölkerung die Mehrheit. Nach einer Beruhigung der Verhältnisse in der 2. Hälfte des 17. Jh. wuchs wieder das Interesse an Bäderkuren. Seine Besuche nahm auch der sächsische Kurfürst wieder auf und fuhr in Begleitung seines Gefolges Jahrzehnte hierher. Die Bäder hatten ab 1697 ihren eigenen Arzt und etwas später wurde hier eine Apotheke eröffnet. Für den Besuch der Stadt war ihre verkehrsmäßige Zugänglichkeit sehr wichtig. Seit 1732 führte über Teplice eine regelmäßige Postverbindung nach Karlovy Vary und ab 1752 auch nach Dresden. Auch diese Tatsache trug dazu bei, dass Teplice in der 2. Hälfte des 18. Jh. das meist besuchte.
Bad in Böhmen war und sich mit den berühmtesten deutschen, österreichischen, französischen und italienischen Bädern messen konnte.
Zu den Exponaten im Zeitraum 12. bis Ende 18. Jh. gehören sehr interessante Gegenstände, die in den Jahren 1953-57 im Innenhof des Schlosses bei den Ausgrabungen der schon lange untergegangenen Klosterbasilika entdeckt wurden: Wasserspeier in Form von Löwenköpfen, die im Stadtbad dazu dienten, das Thermalwasser aus dem Ausfluss ins Herrnbassin zu leiten, und Hauszeichen der Logierhäuser für die Kurgäste. Ein Barockrelief, das von dem sächsischen Bildhauer Balthasar Permoser geschaffen wurde, stellt die Legende über die Auffindung der Teplicer Quellen durch einen Schweinehirten des Gutsbesitzers Kolostuj dar.
Im Juni 1793 wurden die Wohnhäuser und auch die Bäder von einem Großfeuer heimgesucht. Mit der Instandsetzung der beschädigten Gebäude begann auch die Errichtung neuer Häuser. Es wuchsen hier elegante Gebäude im klassizistischen Stil empor, Parkanlagen und natürliche Umgebung wurden hergerichtet. Jahr um Jahr kamen mehr Besucher, die von der Hoffnung auf Linderung ihrer Leiden angelockt wurden, aber auch von der Möglichkeit, ein paar Wochen in angenehmer Umgebung zu verbringen, wo man Monarchen, Diplomaten, berühmten Künstlern und der hohen Aristokratie begegnen konnte. Die Anwesenheit bekannter Persönlichkeiten verlieh dem kleinen Kurort europäische Berühmtheit.
Den Höhepunkt der Blüte seiner Bäder erlebte Teplice in der 1. Hälfte des 19. Jh., als sich hier die Monarchen ein Stelldichein gaben. Zu Besuch weilten hier z.B. Ludwig van Beethoven, Johann Wolfgang Goethe, Frédéric Chopin, Josef Dobrovský, Josef Jungmann, František Palacký und weitere bedeutende Persönlichkeiten. Diese Zeit dokumentieren uns attraktive Exponate, wie Gläser mit eingravierten Veduten der Bäder von Teplice und der benachbarten Orte, Porzellan mit Abbildungen der Teplicer Architektur, Pokale, welche an die Teilnahme an Schützenfesten erinnerten, die von der hiesigen Schützengesellschaft veranstaltet wurden, oder auch Porträt-Miniaturen. Eine eindrucksvolle Vorstellung über das Aussehen des Bäderviertels Teplice im ersten Drittel des 19. Jh. vermittelt uns ein architektonisches Modell, das auch die Häuser im jüdischen Ghetto und um den Badeplatz erfasst, die nach 1945 beseitigt wurden. Visierbilder ermöglichen Einblicke in das Gewölbebassin im Stadtbad oder in das Privatbad des preußischen Königs Friedrich Wilhelm III. im Herrnhaus (beide Bäder sind heute Bestanteil des Sanatoriums Beethoven).
Die goldene Ära der Teplicer Bäder endete etwa Mitte des 19. Jh. Damals zeichneten die Folgen der industriellen Entwicklung und der Braunkohlenschächte den Charakter der Stadt und auf das Schicksal der Bäder griff ungünstig der Wassereinbruch im Döllingerschacht bei Duchcov im Jahre 1879 ein, verbunden mit einem Versiegen der Hauptquelle in Teplice – der Urquelle. Obwohl die Qualität des Wassers gleichblieb, konnte Teplice nur schwer die Konkurrenz mit anderen Kurorten ausgleichen. Einen neuen Auftrieb gab den Bädern die Entdeckung der Radioaktivität der Quellen im Jahre 1904, die sich in der Einführung neuer Therapiemethoden projizierte. Während des Ersten Weltkriegs 1914-18 dienten die Heilanstalten in Teplice teils zu Kuren von Zivilisten, teils boten sie aber auch Heilung und Rehabilitation für Soldaten. Nach Abklingen der Nachkriegswirtschaftskrise wurde aus Teplice eine lebendige und gesellschaftlich rege Stadt. Vor allem Angehörige des Mittelstandes und Patienten der Krankenkassen kamen zu Kuraufenthalten hierher. Die Zeit ab Mitte des 19. Jh. und zwischen den beiden Weltkriegen weisen außer Dokumenten über die Entwicklung der Bäder auch Erinnerungen an ein reiches kulturelles und gesellschaftliches Leben aus. Interesse erweckt das Modell einer Jugendstilkirche, der sog. Grünen Kirche, die bis 1973 in Trnovany stand, und Dekorationselemente von Häusern, die Ende des 19. Jh. in den umliegenden Straßen erbaut und in den 70er und 80er Jahren unseres vergangenen Jahrhunderts abgerissen wurden. Ein Modell der Synagoge, abgebrannt in der Nacht vom 14. zum 15. März 1939, erinnert an die unternehmerisch und kulturell agile jüdische Gemeinde in Teplice. Durch das Münchner Abkommen wurde das Sudetengebiet dem Deutschen Reich angeschlossen und während des Zweiten Weltkriegs wurde ein Teil der Kurhäuser für die Behandlung deutscher Soldaten reserviert oder es wurden dort Kliniken und Krankenhäuser aus deutschen Städten einquartiert. Nach Niederschlagung des Nazismus im Jahre 1945 gelang es relativ rasch, den Kurbetrieb wieder aufzunehmen. 1948 wurden die Bäder verstaatlicht. Im weiteren Zeitraum wirkten sich hier die negativen Einflüsse der intensiven Industrialisierung und der Errichtung der Energiebasis des Staates sehr ungünstig aus. Trotz aller negativen Umstände hielten die Bäder ihre Funktion aufrecht, zur Erhaltung und Verbesserung der Gesundheit beizutragen. An alle diese guten Traditionen schließt nun die im Jahre 1992 gegründete Aktiengesellschaft Lázně Teplice v Čechách an, aber auch die Militärbadeheilanstalt, die vom Ministerium für Verteidigung geleitet wird.
In der Exposition sind Wassergefäße, Badewannen und Sitzbäder zu sehen, und einen Gegenpol zu diesen Gebrauchsgegenständen bilden die durch das Wasser und die Heilbäder inspirierten Kunstwerke. Plastiken von Václav Kyselka und Jiří Bradáček verkörpern die Quellen, die gläsernen Objekte von René Roubíček symbolisieren Bäder und Glasindustrie als die zwei bedeutendsten Lebensbestandteile der Stadt. Eine keramische Fontäne von Milan Žovka stellt die ständig ausgebeutete und zerstörte Erde dar, aus der dennoch unaufhörlich das Heilwasser sprudelt.
Mag. Jitka Budinská
- Balthasar Permoser, Auffindung der Teplicer Quellen, Stein, um 1700
- Šanov um 1830, im Vordergrund das Schwefelbad, dahinter das Militärbad, links davon Stein- und Schlangenbad
- Das Stadtbad in Teplice nach 1840
- Anonym, das Herrenbad im Stadtbad, Ö lauf Leinwand, 2. Hälfte 19. Jh.
- Beethoven und Goethe bei ihrem Zusammentreffen mit der Kaiserin Marie Ludovika und deren Gefolge i. J. 1812 in einer Darstellung von Carl Röhling (1849-1922)
- Teil der Exposition Kur- und Bäderwesen
- Gläser mit Bädermotiven dekoriert, 1. Hälfte 19. Jh.
- Modell der jüdischen Synagoge, die i.J. 1939 abbrannte